VNL-Statement zu den geplanten Schulgesetzänderungen
Die heute [30.10.2025] vorgestellten geplanten Änderungen am Niedersächsischen Schulgesetz kommentiert Torsten Neumann, Vorsitzender des VNL – Verband Niedersächsischer Lehrkräfte wie folgt:
„Heute hat Kultusministerin Julia Willie Hamburg die vom Kabinett beschlossenen Änderungen am Schulgesetz näher erläutert. Den Schulen mehr Freiräume zu geben, ist grundsätzlich zu begrüßen, wenn dadurch die immer weiter ausufernde Bürokratie eingedämmt wird, aber nicht dazu führt, dass die Schulen vor Ort den teilweise eklatanten Lehrkräftemangel verwalten müssen. Manche der geplanten Änderungen mögen pädagogisch sinnvoll sein, sind aber nicht oder nur schwer umsetzbar, wenn das entsprechende Personal fehlt. So ist die Umsetzung der Idee von „Familienklassen“ in der Grundschule ohne zusätzliches Personal, sowohl Lehrkräfte als auch Unterstützungspersonal, zum Scheitern verurteilt.
Auf heftige Kritik stößt die auf den ersten Blick positiv klingende Gewährung von Freiräumen für Oberschulen. Tatsächlich bedeutet das aber einen weiteren Schritt in Richtung einer versteckten Einführung der Gesamtschule durch die Hintertür. Pascal Mennen, schulpolitischer Sprecher der Grünen, erklärt unverhohlen, dass er sich „… viel davon [verspreche], wenn [Ober]Schulen die Chance zu jahrgangsübergreifendem, integriertem Lernen ergreifen. So erleichtern wir auch die Möglichkeit, dass sich Bildungseinrichtungen zu integrierten Gesamtschulen weiterentwickeln.“ Hier wird deutlich, dass ideologische statt pädagogische Gründe für den jahrgangsübergreifenden, integrierten Unterricht im Vordergrund stehen. Ein solches Ansinnen lehnen wir ab. Pädagogische Qualität entsteht nicht durch organisatorische Vermischung, sondern durch verlässliche Rahmenbedingungen, klare Schulprofile und professionelle Zusammenarbeit der Lehrkräfte. Gesellschaftliche Vielfalt muss sich auch im Schulwesen widerspiegeln. Außerdem haben Gesamtschulen einen anderen Personalschlüssel – eine Umwandlung ohne zusätzliches Personal wäre pädagogisch wie organisatorisch unverantwortlich.
Wir sind mit der Kultusministerin einig, dass Distanzunterricht kein Ersatz für Präsenzunterricht werden darf. Schule ist weit mehr als reine Wissensvermittlung – sie ist sozialer Lernraum, Ort der Beziehung, Orientierung und Teilhabe. Diese Dimensionen lassen sich digital nur begrenzt abbilden. Eine rechtliche Grundlage ist daher richtig, um Schulen Handlungssicherheit zu geben. Entscheidend ist aber, dass Distanzunterricht nur ergänzend und temporär eingesetzt wird – mit klaren Qualitätsstandards, technischer Ausstattung, Fortbildung und verbindlichen Rahmenbedingungen. Digitalisierung ist ein Werkzeug, kein Ersatz für gute Schule. Deshalb gilt für uns: Ja zur rechtlichen Möglichkeit – nein zu einer schleichenden Normalisierung.
Wir vom VNL stehen für ein vielgliedriges, durchlässiges Schulsystem, das auf Wahlfreiheit, Klarheit und Qualität setzt – nicht auf ideologisch motivierte Strukturveränderungen. Schule braucht Stabilität, nicht ständige Systemexperimente.“